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Kober-Studie
1.Thema
2.Begriff Zwangsarbeiter
3.Zwangsarbeiterdiskussion
4.Metzingen im 3. Reich
5.Das
6.Leben als Zwangsarbeiter
7.Die Firma Hugo Boss
8.Positive Beispiele
9.Schlussbemerkung
10.Bibliografie
Timm-Studie
1.Inhaltsverzeichnis
2.Zusammenfassung
3.Einleitung
4.Hugo Boss
5.Firmengesch. vor 45
6.Firmengesch. nach 45
7.Entnazifizierung
8.Abbildungen
9.Literatur
10.Quellen
11.Recherechebericht
Impressum
Presse-Veröffentlichung
6. Firmengeschichte nach der Besetzung Metzingens 1945

Zwangsarbeiter

Wie in anderen Orten auch hatten ehemalige Zwangsarbeiter bei der Besetzung Metzingens eine Schlüsselrolle: Der Bürgermeister schickte den herannahenden französischen Truppen am 19. April 1945 mehrere Holländer als Parlamentäre entgegen.

Anfang Mai 1945 lebten in der Stadt noch etwa 700 ehemalige Zwangsarbeiter.

In Metzingen war unter anderem die ehemalige NSDAP-Gauschule und das Forstamt bis Ende 1945 bzw. Januar 1946 von Polen bewohnt, mehrere Firmen, darunter Hugo Boss, statteten diese Wohnheime mit Eßgeschirr aus, und die Stadtverwaltung übernahm die Verpflegung. Für mindestens vier ehemalige polnische Zwangsarbeiter/innen ist dokumentiert, daß sie nach Kriegsende (noch?) bei Hugo Boss - ob in seiner Wohnung oder auf dem Firmengelände ist nicht bekannt - wohnten, drei Litauer/innen arbeiteten noch mindestens bis Juni 1947 in seiner Firma.

 

 

Produktion für die französische Besatzungsmacht

Die französische Militärregierung hatte erst am 1. September 1945 mit der "Verfügung No. 5" offiziell die Kontrolle über die Wirtschaft in ihrer Besatzungszone übernommen. Sie führte die in der NS-Zeit praktizierte Planwirtschaft fort und setzte Preise, Rationierungen und Rohstoffzuteilungen fest. Diese Lenkungsmaßnahmen sollten vor allem dem Wiederaufbau der französischen Wirtschaft dienen, die in fünf Jahren Besetzung und Ausbeutung durch das Deutsche Reich immens belastet worden war. Nachdem fast alle Betriebe unmittelbar vor und nach der Besetzung wegen Bombenangriffen, Zusammenbruch der Stromversorgung sowie wegen Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten stillstanden, begann nach einigen Wochen in vielen Fällen die Produktion für die Besatzungsmacht. Betriebe mit über 100 Beschäftigten, so auch die Firma Hugo Boss, durften erst nach einer Genehmigung durch die Militärregierung die Arbeit wieder aufnehmen (für die anderen hatten die Franzosen das Genehmigungsrecht an die Industrie- und Handelskammer delegiert).

Produktionsaufträge für die Besatzungsmacht verschlechterten zwar die Versorgung der deutschen Bevölkerung, dennoch waren sie bei den Unternehmern und Arbeitern sehr begehrt, da sie den Firmen den Status eines sogenannten "Prioritätsbetriebs" einbrachten, ihnen eine sichere Versorgung mit Rohstoffen und Energie garantierten und es für die Belegschaft oft Zulagen wie Textilien, Zigaretten, Lebensmittel oder Wein gab.

Deutsche Firmen produzierten in diesem Rahmen zum einen für französischen Zivilbedarf. Es gab jedoch im Kreis Reutlingen auch einige Betriebe aus dem Rüstungssektor, die für das französische Militär arbeiteten.

Dazu gehörte auch die Firma Hugo Boss. Sie produzierte Kopfkissenkeile für die französische Besatzungsmacht und Arbeitsanzüge für die französische Luftwaffe. Bis mindestens Mai 1946 schneiderte der Betrieb zudem Uniformen für die französische Armee und das französische Rote Kreuz. Wann diese Produktion für die Besatzungsmacht endete, ist in den Quellen nicht überliefert.

 

 

Geschäftsübergabe

Hugo Boss firmierte ab 1. Oktober 1945 aus gesundheitlichen Gründen nur noch als stellvertretender Geschäftsführer. 1948 übernahmen sein Sohn Siegfried Boss und sein Schwiegersohn Eugen Holy die Firma, die seither neben Uniformen auch Herren- und Knabenoberbekleidung, Anzüge und Sakkos produzierte. In den Quellen und in der ortsgeschichtlichen Literatur finden sich keine Informationen darüber, für welche Organisation oder Institution die Uniformen zu dieser Zeit produziert wurden - manche Betriebe aus dem Kreis Reutlingen beispielsweise arbeiteten sogar 1948 noch für die Besatzungsmacht - und wann nach dem Zweiten Weltkrieg die Uniformproduktion bei Hugo Boss endete.

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